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Sabine Folie
2012

Susanna Fritschers transitive Bildräume

Verstecken-Zeigen, das ist Theatralität. (1) 
Jean François-Lyotard

Räume, in denen Susanna Fritschers Kunst stattfindet, erscheinen zunächst meist als bloße Räume, als Architektur. Ihre Setzungen – oder wollen wir es Eingriffe nennen? – sind diskret. Obwohl sie faktisch aufwändig sind, nimmt man sie als minimal wahr. Obwohl sie zurückhaltend, ja neutral wirken, sind sie doch subtil „auffällig“, „störend“. (2) Es sind keine Objekte, die in den Raum platziert und der Betrachtung ausgesetzt werden sollen, die „Bilder“ verbinden sich vielmehr mit dem Raum auf mimetische Weise, so dass Raum und Bild eins, nahezu ununterscheidbar werden, und doch liegt im Dazwischen die entscheidende Nahtstelle, an der Bild als Raum erscheint und doch Raum und Bild sich als Verschiedenes, als Reales und Medium, ausweisen. Der Raum wird bildhaft, das Bild räumlich. Doch vorerst scheint es unentscheidbar, ob es sich bei dem „Werk“ um ein Bild handelt oder um eine architektonische Intervention, um Malerei, um ein funktionales Display oder eine Skulptur. Man sieht und man sieht nicht, die Wirkung ist subliminal, da auf den ersten Blick nicht wahrnehmbar ist, worum es sich handelt. Oder wie Richter es formuliert: „Man sieht alles und begreift nichts.“ (3)

Fritscher spricht nüchtern von „Malerei auf Acrylglas“ oder „Malerei auf Folie Etfe“; also können wir davon ausgehen, dass es sich um Bilder handelt, im weitesten Sinne, um Malerei. Es sind Bilder, die wie Wände er­scheinen oder auf die faktischen Wände aufmerksam machen, indem sie diese verblenden, Bilder also, die paradoxerweise als Paneele wie Wände funktionieren und sich in diesem mimetischen Akt nahezu als Bild auf­heben. Das Nahezu ist entscheidend, weil dieses eine Grenze markiert, nämlich jene, die auf das Dazwischen verweist – das Dazwischen von realer materieller Wand als Architektur und dem „Doppelgänger“ Bild als transitivem Moment – und so die Illusion von Homogenität erzeugt, aber gleichzeitig doch erst deutlich macht, dass es eine Wand gibt: Das Paneel, das Bild verweist also auf nichts anderes als auf sich selbst, aber indem es dies tut, in dieser Opakwerdung, verweigert es Transparenz, deren Mangel dann erst eigentlich erkennbar wird.

Nun bewegen sich Bildtheorien seit der Renaissance im Spannungsfeld zwischen Transparenz und Opazität. Das Bild gilt seit Alberti als Fenster, als Abbild dessen, was sich jenseits des Fensters, des Rahmens befindet, also als Abbild der Realität. Diese Theorie geht von der Möglichkeit der Repräsentierbarkeit von Wirklichkeit aus. Das, was sich auf dem Bild be­findet, deckt sich im Idealfall mit dem, was sich dahinter befindet, Realität und Abbild sind zwar nicht ontologisch, aber bis auf ihre Materialität zumindest visuell identisch, völlige Transparenz ist gewährleistet. Die Mal­fläche wird im Transparenzeffekt des Durchblicks negiert, das heißt das Medium ist sekundär, es „verschwindet im Vollzug“ (4) und erfüllt damit seine Funktion.

Die Moderne, aber nicht erst sie, und vor allem die Postmoderne stellten die Frage der Repräsentation anders und rückten das Medium in den Vordergrund, das Medium, über welches sich das Abbild vermittelte. Letzteres könne immer nur Illusion von Wirklichkeit sein, daher werde das Medium zum Abbild seiner selbst, es werde manifest. Die Malfläche wird sichtbar, tritt als Störung auf, macht auf die Interdependenz zwischen Durchblick/Transparenz und Verschleierung/Opazität aufmerksam, lässt sie zum Vorschein kommen. Das heißt, in der Opakwerdung, im Effekt der Undurchsichtigkeit wird das Sosein der Bildoberfläche erst eigentlich sichtbar. Etwas „zeigt“ sich paradoxerweise durch Verdunkelung.Das heißt, in der Opakwerdung, im Effekt der Undurchsichtigkeit wird das Sosein der Bildoberfläche erst eigentlich sichtbar. Etwas „zeigt“ sich paradoxerweise durch Verdunkelung.

Das reine Bild repräsentiert nichts außer sich selbst: Das Bild ist das Bild und als solches ist es nur Farbe, Oberfläche, Planheit, Materialität – so propagierte es schon Clement Greenberg und begründete damit die modernistische Bildkritik. Das selbstkritische Bild, das Clement Greenberg voraussetzte, war das rechteckige Bild, bei Fritscher verwandelt sich dieses in ein paneelartiges Format, dessen Bildträger nicht die Leinwand ist, sondern Acrylglas, Spiegel, die Wand selbst oder der Boden. Und die Farbe kommt nicht von der Palette oder aus der Tube, sondern wird in Form von Silikon geleert oder sie wird gesprüht, im Spritzverfahren aufgebracht (also einer gewissen Aleatorik unterworfen, aber systematisch im Umgang mit dem Farbspektrum – zusammen mit dem Raum das eigentliche Sujet), ein Verfahren übrigens, das mit Pop Art und Minimal Art nicht nur salonfähig wurde, sondern Bedingung der Möglichkeit war, sich aus den Fängen des Genialischen authentischer Pinselstriche der herkömmlichen Malerei, auch jener der Moderne, zu befreien. Solcherart sollten Hand­schriftlichkeit und damit der Rekurs auf Autorschaft vermieden werden. Die eine Richtung, Pop Art, wandte sich der Welt der Kommodifizierung zu, die andere, der Minimalismus, unter anderem der Monochromie unter­schiedlicher Formate. Die monochrome Fläche verwies auf nichts, re­präsentierte nichts. Das Paradigma der Moderne, die Opakheit der Bildober­fläche im selbstkritischen Bild, durch welches sich kein Fenster mehr eröffnet, zumindest nicht in perspektivischer Sicht nach außen in der Absicht, ein repräsentatives Bild abzugeben, gewährt diesen Aus- und Einblick nicht mehr, allenfalls den Blick auf das Innere des Betrachters, der durch die opake, undurchdringliche Fläche auf sich selbst zurückgeworfen wird, und auf die Gemachtheit des Bildes, auf das Medium. Bei Fritscher gibt es nun genau das Zusammenspiel von Transparenz und Opazität, das für die Bild- und Medientheorie zentral geworden ist, zumal sich Fritscher auch den Medien Video und Sound zugewandt hat, in welchen diese beiden Elemente auf je spezifische Weise nochmal anders zur Wirkung kommen. (5) Die transluzenten und allenthalben spiegelnden Bildtafeln oder Paneele, die Räume teilen, modulieren, gliedern, sich vor Wände stellen, sind eben nicht ganz durchsichtig, aber sie sind auch nicht gänzlich opak. Sie weisen den Blick des Betrachters zurück und lassen das Jenseits der diaphanen, durchscheinenden Bildflächen erahnen. „Das Diaphane ist bei Aristoteles nicht bloß eine Eigenschaft, ein Akzidenz des Medialen, sondern geradezu dieses Mediale selbst. Wobei schon bei Aristoteles Transparenz im Sinne des aktuell Durchscheinenden die bis in die heutige Medientheorie virulente Figur gelingender Kommunikation beziehungsweise ‚aisthetischer Neutralität‘ entscheidend vorbereitet.“(6) Das Dahinter ist selten statisch, da die Paneele meistens im Raum stehen und nicht an der Wand wie ein Bild, so dass sich dahinter etwas „abspielen“ kann. Es gibt Raum zum Flanieren, Entdecken, Erahnen, Testen. Die zurückweisende Bildfläche verhindert den Transparenzeffekt, den Matisse und Turner beispielsweise so heftig kritisieren. Es ist hier hilfreich, die Erkenntnisse von Sylwia Chomentowska in „Das Bild als Paradox“ auszugs­weise anzuführen: „Matisse bemerkt, dass sich der Betrachter nicht in das Bild, in den Transparenzeffekt, versenken solle, er solle dem Bild, das dadurch quasi zu einem gleichberechtigten Subjekt wird, ‚entgegen­gehen‘. (7) Das Ereignis ‚Bildkritik‘ ist nicht nur im Betrachterblick zu situieren, durch komplexe Verwebung buchstäblicher und metaphorischer Transparenz findet es im Zwischen – abseits einer Subjekt-Objekt-Hierarchie – statt.“ (8) Und sie führt auch Turner an, der Bildkritik betrieben hat, in dem bei ihm „Gegenständlichkeit durch extreme Helligkeit verschluckt wird“, und weiter: „Ein auf die ‚transitive Dimension‘, die Sicht­barkeit eines gegenständlichen Anderen zielendes Durchstoßen der ‚mystic shell of colour‘ ist, mit Turner gesprochen, ein ‚sacrileg‘: Das Bild wird aus seiner Unbe­stimmtheit gerissen, es wird ganz vom Betrachter und seiner gegenständlichen Projektionsleistung vereinnahmt, ist dann nur noch ein Noch-nicht der Bilder seiner Phantasie.“ (9) Genau dieser Projektionsleistung und -anforderung wird der Betrachter vor und zwischen den Paneelen in den Räumen von Susanna Fritscher ausgesetzt.

Es sind in Farbe nuancierte Räume, in denen Grenzen kaum merklich verfließen, ineinander übergehen, der Boden unter den Füßen abhanden kommt durch spiegelnde Flächen von Silikon, die das limbische System verunsichern, die Welt verkehren, oben wird unten, unten wird oben. Der Raum flottiert in Farbe, Projektionen und Stimmen. Wenn die Stimmen sich nicht einmischen, ist es ein relativ freier, ja, gewaltfreier, unbesetzter Raum, unbesetzt von Regeln, Zuschreibungen; wenn die Stimmen da sind, wird der Raum in hohem Maße zu einer theatralen Resonanzzone. Der Raum weist eine relative Leere auf und lässt sich schwer besetzen, außer durch vorübergehende Präsenz und Interaktion. Er verschwindet immer wieder in sich selbst, eine leere „Ozeankarte“, ein „absolute blank“ (Lewis Carroll). Die Leere essentialisiert den Raum, er zeigt sich in seiner Struktur, seiner Architektur – aber tut er das wirklich? Manchmal scheinen alle Parameter des euklidischen Raumes aufgehoben, die Grenzen verwischt, der Raum ausgefaltet zum Bild, seine Tiefe in die Fläche, in die Planheit geholt. In Bezug auf die Malerei des Quattrocento formuliert Louis Marin die besondere Rolle der Architektur im Bild, die sich bei Fritscher geradezu invers dazu verhält: „Eine der prägnantesten Figuren dieser metaphorisch-metonymischen Instanz [eine Instanz, die die Mittel hat zu zeigen, wie sich das Repräsentierte als Repräsentierendes, als Selbstbewusstes, vermittelt] ist zweifellos die Architektur; die Architektur, die zwar vom Malwerk als eine von mehreren Figuren der von ihm inszenierten Erzählung dargestellt wird, als eine von mehreren Konfigurationen des Rahmens seiner Szene und des Dekors seiner Handlung, die aber, in derselben Geste und durch denselben Prozess, die Struktur der Repräsentation, in der sie enthalten ist, selbst präsentiert, die ihre Funktion exponiert, die ihre Finalitäten zur Schau stellt, kurz gesagt, ihre Architektonik in all ihren Wirkungen und all ihren Zuständen vorzeigt.“ (10) Louis Marin unter­scheidet hier das Transitive vom Reflexiven als dem Trägermaterial, das transparent ist und zeigt, dass die Repräsentation etwas repräsentiert, einerseits, und der Wirkung, dem Moment der Opazität, das vorzeigt, dass die Re­präsentation als etwas Repräsentierendes repräsentiert wird, andererseits.

Die Transluzenz oder Semitransparenz der Paneele von Susanna Fritscher zeigt und verbirgt, sie simuliert keine Illusion, in der das Medium in einem „gelingenden Vollzug“ verschwinden würde, sie garantiert keine Unmittelbarkeit, hinter der sich das Medium zurückziehen, sich neu­tralisieren würde, die Paneele sind vielmehr als Medium „sichtbar“, und indem dies so ist, verweisen sie auf sich selbst und melden Zweifel an der Repräsentierbarkeit an, sie bilden nicht ab, sondern melden Widerstand an im Modus des Irisierens, Oszillierens. Die Bilder oder Paneele sind nicht selbstgenügsam, sie sind indexikalisch, sie können nicht anders als verweisen aufgrund ihrer Materialität, die reflektiert und transluzent ist oder transparent: Spiegel, Glas, Folie. Aber selbst wenn die Materialität, welche die traditionellen Bildträger wie Holz oder Leinwand ersetzt, trans­parent wäre, so wäre sie nicht nur dies – sie wäre auch opak, da auch Glas je nach Lichteinfall und Hintergrund spiegelt. Um Verweischarakter zu haben, muss das Bild, in diesem Fall das Paneel, „auffällig“, opak sein – wenn es transparent wäre, würde es nicht sichtbar sein, Abzubildendes und Abbild scheinbar kongruent und somit die Botschaft obsolet. Die Auf­fälligkeit nun aber ist Bedingung der Möglichkeit, als Zeichen wahrgenommen zu werden, hinter welchem „etwas“ sichtbar wird: „Zwar müssen Zeichen, um als Zeigzeugen in ihrer Verweisstruktur funktionieren zu können, in den Hintergrund treten, um für ihre ‚Botschaft‘ transparent zu werden: ‚Eigentlich ‚erfasst‘ wird das Zeichen gerade dann nicht, wenn wir es anstarren, als vorkommendes Zeigding feststellen.‘ Jedoch müssen Zeichen in der Wahrnehmung zumindest so weit hervortreten, dass sie als solche überhaupt zu erkennen sind.“ (11)

Gerhard Richter hat sich diesem doppelten Verweischarakter des Bildes in eingehenden Studien und Arbeiten in seinen Glasbildern und Glasscheiben seit den 1960er Jahren gewidmet. Sie sind transparent, durchscheinend und doch spiegelnd oder Spiegel, indem Pigment in Glas eingebrannt wird und so eine spiegelnde, opake Fläche entsteht. In Bezug auf Gerhard Richters Installation Acht Grau (2002) spricht Benjamin H. D. Buchloh in einem erhellenden Aufsatz von einer pittura immaculata, einer Malerei, in der Pigment und Bildträger zu einer perfekten Oberfläche fusionieren, und er konstatiert: „Sobald dieser Kult der makellosen Ober­fläche sich in räumliche und architekturale Dimensionen ausdehnt, werden diese Widersprüche [zwischen Perfektion und Repression] noch intensiviert. Nun handelt es sich nicht mehr allein um das fetischistische Objekt, das die Betrachter gefangen hält, sondern der gesamte Raum, das so genannte ‚environment‘, umfängt die Betrachter im Netz einer phänome­nologischen Spiegel-Reflexion. Die narzisstische Objekt-Beziehung der Betrachter wird nun auf eine räumliche Zeile ausgedehnt, in der die Betrachter sich zugleich im Spiegelbild konstituieren können und von diesem beobachtet und kontrolliert werden.“ (12) Buchloh bezieht sich in diesem Zusammenhang auch auf die gesamte Geschichte des Glases als immateriell wirkenden Baustoffs und seine besondere Wirkung in der Moderne, die Ambivalenz zwischen Nüchternheit, Kristallinem, Entmystifizierung und Überwachung und Kontrolle – die Spannung zwischen Transparenz von innen und spiegelnder Opazität von außen, von Konzern­bauten beispielsweise. Wovon aber auch wesentlich die Rede ist, das betrifft die Andienung der Kunst an die Architektur seit der Moderne, die im extremen Fall nur mehr in Form von Industriedesign zutage tritt und damit einer konsumtiven ästhetischen Affirmation ausgeliefert ist. Hier sei, so Greenberg, bereits in den 1940er Jahren das Ende der Malerei ein­getreten mit dem Verlust der Autonomie, die mehr oder weniger von der Architektur absorbiert werde.

Susanna Fritschers Werke lenken von der eigenen Objekthaftigkeit und deren Fetischisierung ab und auf den phänomenologischen Zusammenhang zwischen Betrachter und Raum(architektur) hin. Fritschers räumlich angelegte Arbeiten als rein ästhetische, selbstreferenzielle Setzungen zu lesen, was sie auch sind, wäre verfehlt, sie sind auf ihre Weise von po­litischer Brisanz. Die Selbstreferenzialität produziert den ästhetischen Widerstand, und wenn in Bezug auf das funktionale Zusammenspiel mit der Architektur von Affirmation die Rede wäre, dann von einer kritischen Affirmation, das heißt von einem kritischen Versteckspiel zwischen widerständigem Festhalten an der Autonomie – durch welche das „Bild“ auf sich und damit paradoxerweise auch auf die Architektur in ihrem „Sosein“ „zeigt“, nicht in ihr aufgeht oder im schlimmsten Fall zum Dekor verkommt – und deren Preisgabe, dann, wenn es sich als relationales Kunstwerk in einem ihm nicht äußerlichen architektonischen Zusammenhang präsentiert und dies aber nur tun kann, indem es sich nicht versteckt, sich als Setzung behauptet.

In diesem doppelten Verweisbild zwischen Autonomie und Heterono­mie, zwischen Transparenz und Opazität, ist das stille Theater von Susanna Fritscher organisiert, welches in den Räumen des Museums das Verhältnis von Raum und Bild, Display und Oberfläche in seiner Medialität überdenkt, während es öffentlichen Bauten immanente Zwänge des Systems durch das Modulare etwa kritisch reflektiert und mit dem Einsatz der Farbe tendenziell repressive Großprojekte in einer Weise „behandelt“, die man ganz unpathetisch als zutiefst human bezeichnen kann.

1 Jean-François Lyotard. „L’Acinéma“. In: Ders., Essays zu einer affirmativen Ästhetik, zitiert nach Markus Rautzenberg, Andreas Wolfsteiner, „Einführung“, in: Hide and Seek. Das Spiel von Transparenz und Opazität, München 2010, S. 21.
2 Vgl. Rautzenberg, Wolfsteiner, Hide and Seek. Zur Argumentation werden Heideggers Ausführungen in Sein und Zeit und Holzwege herangezogen. Heidegger führt in diesem Zusammenhang den Begriff des „Auffälligen, Aufsässigen“ ein, das notwendig ist, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen, S. 9–21.
3 Zitiert nach Sylwia Chomentowska, „Das Bild als Paradox. Warum Munch verdoppelt, Matisse auf der Schwelle steht und Richter farbig spiegelt“, in: Rautzenberg, Wolfsteiner, Hide and Seek, S. 63.
4 Vgl. Rautzenberg, Wolfsteiner: Hide and Seek, S. 11.
5 Nicht nur die Körper und damit die Betrachter kommen ins Spiel, in den Raum, sondern auch die Sprache in ihrer Ausprägung als gesprochener Text in Fritschers Stimmarbeiten. Palimpsestartig über­lagern sich Stimmen, die in einem Crescendo den Raum immer mehr ausfüllen. In der Kakophonie der Stimmen lassen sich Wort- und Satzfetzen ausmachen und damit auch die Texte, die hier zur Debatte stehen. Der Raum thematisiert sich darin selbst: seine territorialen Dimensionen, die Ansprüche an ihn, seine Unterwerfung unter Baugesetze und Regelwerke, die Raumpolitik. Das Stück Comédie, das Samuel Beckett 1963 schrieb und mit Marin Karmitz 1966 zu einem (verschollenen und wieder entdeckten) Film verarbeitete, ist eine solche Kakophonie, in der die Stimme als Soundinstrument eingesetzt wird und den Beat bestimmt, aber ihre Instanz als Vermittlerin von Bedeutung und Sinn geht verloren in unverständlichem Skandieren und monotonem Zischen. Die Stimm- und Videoarbeiten Fritschers bedürfen einer gesonderten Betrachtung und können hier nicht näher erläutert werden. Vgl. Essay von Philippe-Alain Michaud in BLANC DE TITRE BLANK OF TITLE, The art of Susanna Fritscher, Springer Verlag, 2012, Buch, S. 186.
6 Rautzenberg, Wolfsteiner verweisen in ihrer „Einführung“ in Hide and Seek auf den Begriff der aisthetischen Neutralität, den Sybille Krämer in ihrem Aufsatz „Erfüllen Medien eine Konstitutionsleistung? Thesen über die Rolle medientheoretischer Erwägungen beim Philosophieren“ verwendet, S. 12. Vgl. zur Thematik auch Emmanuel Alloa, Dasdurch­scheinende Bild. Konturen einer medialen Phänomenologie, Zürich 2011.
7 Sylwia Chomentowska, „Das Bild als Paradox“, S. 58.
8 Ebda, S. 58/ 59. Chomentowska verweist auf Matisses Écrits et propos sur l’art, Paris 1972.
9 Ebda, 59.
10 Louis Marin, Das Opake der Malerei. Zur Repräsentation im Quattrocento, Berlin 2004, S. 105.
11 Rautzenberg, Wolfsteiner: Hide and Seek, mit Verweisen auf Heidegger, S. 14.
12 Benjamin H.D. Buchloh, Gerhard Richters „Acht Grau: zwischen Vorschein und Glanz“, in: Gerhard Richter: Acht Grau 2002, New York, Berlin 2002, S. 27.